Die Aufschrift weist auf ein Petroleumlager hin, das sich vor rund 100 Jahren in dem gemauerten Schuppen befunden haben muss. Sie ist heute nur noch eingeschränkt zu entziffern, außerdem überlagern sich mehrere Schichten. Oben steht in gebogener Schrift Petroleum-Lager, dahinter befinden sich ältere nicht mehr lesbare Schriftzüge. Die obere Tür wurde vermutlich erst später eingebaut und unterbricht den Firmennamen Herte Company. In der Gebäudemitte steht J. Held, wobei sich dahinter ebenfalls ältere nicht mehr lesbare Namen befinden. Neben der unteren Tür wiederholt sich Herte Company.
Die Herte-Schriftzüge wurden auf freie Flächen gepinselt und weichen in der Schriftart deutlich von den anderen ab. Das Gebäude liegt zwischen Riegel und Kenzingen am Rand eines Ackers, der Türrahmen aus rötlichem Sandstein mit den herausstehenden Steinen ähnelt vom Stil her den um 1900/10 errichteten Gebäuden der nahen Riegeler Brauerei.
J. Held war eine in Kenzingen von Johann Held vor 1856 gegründete Lichterfabrik, die Kerzen herstellte und der wohl auch eine Seifensiederei angeschlossen war. 1889 ging sie nach seinem Tod an den Sohn Karl über, der 1895 Friederike Neef heiratete. Interessanterweise sind Eheverträge keine Erfindung unserer Zeit, denn schon damals vereinbarten beide Gütertrennung, um das Geschäft zu schützen. Das dürfte durchaus erfolgreich gewesen sein, im Jahr 1907 konnte man sich einen Telefonanschluss leisten, bei insgesamt nur 14 im ganzen Ort. Als Karl Held 1915 verstarb übernahm seine Witwe das Unternehmen, das als umfangreiches kaufmännisches Geschäft mit Seifensiederei bezeichnet wurde. Im April 1917 musste es schließen, wonach der Besitz (u.a. das Geschäftshaus und der nun als Erdöllager genutzte Schuppen) zwangsversteigert wurde.
Insofern muss die Aufschrift J. Held vor 1917 angebracht worden sein. Zumindest einen Vorbesitzer dürfte das Lager gehabt haben, dieser ist an der Fassade aber nicht mehr lesbar.
Das Unternehmen Herte mit Sitz in Freiburg/Breisgau handelte mit Betriebsstoffen, Motoröl usw. und betrieb später auch Tankstellen. Es wurde 1916 vom Kaufmann Gottfried Herte als Herte Companie KG gegründet, zuvor war er seit etwa 1909 in Freiburg lokaler Vertreter der Pocol-Petroleumgesellschaft (Hamburger Niederlassung der amerikanischen Pure Oil Company Ltd.) gewesen. Nach außen hin trat die KG allerdings zeitweise als Herte Company auf, was noch Rätsel aufgibt. Vermutlich übernahm Herte das Lagergebäude aus der Zwangsversteigerung im Jahr 1917, was eine sinnvolle Ergänzung des Vertriebsnetzes war. Zudem gab es während des 1. Weltkrieges eine zentralisierte Rohstoffbewirtschaftung, sodass hier Ressourcen gebündelt werden konnten. Ab etwa 1924 galt Companie dann auch öffentlich, somit lässt sich die Entstehung der Aufschrift Herte Company ungefähr auf den Zeitraum 1917 bis 1924 eingrenzen.
Ab August 1925 war Gottfried Herte nach dem Ausscheiden seines Teilhabers alleiniger Inhaber, zu dem Zeitpunkt hatte das Unternehmen Lager in großen Teilen von Baden. Im September 1926 wandelte sich die Firma in eine GmbH um, mit Gottfried Herte und Wilhelm Schreiber als Geschäftsführer und einem Stammkapital von 20.000 Reichsmark. Schon Januar 1927 schied Herte wegen finanziellen Gründen aus der Geschäftsführung aus und im selben Jahr wechselten die Geschäftsführer noch mehrfach, bis im November 1927 die Familie Schmukle die Leitung übernahm und das Unternehmen unter dem angestammten Namen bis zur Schließung im Jahr 2004 führte. Wie lange das Lagergebäude im Besitz des Unternehmens blieb, ließ sich bisher nicht herausfinden.
Fotografiert im Oktober 2022.
Quellen: Reichsanzeiger, Adressbuch Freiburg, Badische Presse, Karlsruher Zeitung, Breisgauer Nachrichten, Telephon-Adressbuch für das Deutsche Reich, Handelsregister.